Hallo,
wurde per PM angefragt ob schon Betrachtungen zu D'Appolito auf großer Schallwand durchgeführt wurden. Es sei ein Projekt mit hoher Trennfrequenz und flacher Filterung geplant. Das Gehäuse ist doppelt so hoch wie es breit ist (1400mm x 700mm)
Natürlich habe ich die üblichen Argumente gegen solch ein Vorhaben sofort aufgeführt, da es praktisch alles Schlechte von D'Appolito und Filterwahl vereint (Kammfiltereffekte, Klirr, IMD,...), war aber auch neugierig, da ich wirklich noch nie Betrachtungen in diese Richtung gesehen hatte.
Die Schallwand in der Simulation hat die Maße BxHxT 400mmx800mmx100mm. Das ist nicht so groß wie vom Fragesteller geplant, aber sollte ausreichen um grundsätzliche Fragen zu klären und die Rechenzeit für die Simulation zu limitieren.
[ATTACH=CONFIG]49474[/ATTACH]
Zum Einsatz kommen zwei 4'' Tiefmitteltöner und eine 1'' Kalotte (ohne jegliche Schallführung, nur mit einem kleinen Step um die Membran, den fast alle Kalotten besitzen - mehr
dazu irgendwo in Christoph's Waveguide Thread).
1. Hohe Trennung mit 4. Ordnung
Als erstes die Betrachtung warum hoch getrennte Pseudo-D'Appolito-LS mit einer üblichen Trennung 4. Ordnung auf gar keinen Fall keine gute Idee ist.
Normierter Frequenzgang des simulierten Lautsprecher mit Zweigen und Target-Kurven, verpolter Frequenzgang zur Überprüfung der Phasenlage an der Trennfrequenz:
[ATTACH=CONFIG]49475[/ATTACH]
Alles in bester Ordnung. Eine klassische LR4@3.5kHz Trennung.
Zuerst das übliche, normiertes horz. Sonogramm und Frequenzgänge:
[ATTACH=CONFIG]49476[/ATTACH] [ATTACH=CONFIG]49477[/ATTACH]
Um 1,3 kHz zeigt sich die Kantendiffraktion der breiten Schallwand wie wir sie schon
beim betrachten der Grimm LS1 in Post#42 gesehen haben - aufgrund der "harten Kanten" und der "unglücklichen" Abmessungen (TMT haben ähnliche Abstände zu drei Kanten) hier in all ihrem Schrecken.
Nun das normierte vertikale Sonogramm und die FG 0-90° nach oben abgestrahlt:
[ATTACH=CONFIG]49481[/ATTACH] [ATTACH=CONFIG]49480[/ATTACH]
Denke da braucht man nichts zu sagen - nicht ganz optimal
2. Hohe Trennung mit 1. Ordnung
Jetzt mal eine Betrachtung die sonst nie gemacht wird. Hohe Trennung eines D'Appolito LS mit BW-Filter erster Ordnung. Die übliche Argumentation gegen Filter erster Ordnung (Klirr, IMD, Phasenfehler,...) wollen wir hier nicht betrachten. Klar ist, es gibt TMT und HT die eine solche Trennung realisieren können.
Normierter Frequenzgang des simulierten Lautsprecher mit Zweigen und Target-Kurven, verpolter Frequenzgang zur Überprüfung der Phasenlage an der Trennfrequenz:
[ATTACH=CONFIG]49467[/ATTACH]
Für ein "passives" Filter 1. Ordnung ganz okay. Aktiv getrennt wird man das besser hinbekommen. Die Phasenfehler halten sich in Grenzen, wie man an der "verpolten" FG-Kurve sieht. Zwar weicht diese bis zu 3dB ab, aber für eine grundsätzliche Betrachtung sollte die Genauigkeit ausreichen.
Normiertes horz. Sonogramm und Frequenzgänge:
[ATTACH=CONFIG]49465[/ATTACH] [ATTACH=CONFIG]49466[/ATTACH]
Der Unterschied zur Trennung 4. Ordnung ist nicht groß, was auch zu erwarten war.
Preisfrage, wie steht es mit der vertikalen Abstrahlung?
Das normierte vertikale Sonogramm und die FG 0-90° nach oben abgestrahlt:
[ATTACH=CONFIG]49470[/ATTACH] [ATTACH=CONFIG]49471[/ATTACH]
Ein deutlich besseres vertikales Abstrahlverhalten als beim obigen Beispiel. Hatte ich, ehrlich gesagt spontan so gut nicht erwartet, aber durch die Verwendung eines phasenlinearen Filter addieren sich die Schalldrücke von HT und TMT in vertikaler Richtung natürlich optimal.
Was einem aber weiterhin einen Strich durch die Rechnung macht, sind die gegenseitigen Auslöschungen der beiden TMT Chassis untereinander, welche einen Kammfilter-Effekt hervorrufen.
Wer dazu mehr lesen möchte sei dies hier empfohlen:
https://www.birotechnology.com/articles/VSTWLA.html
Wer sich die vertikalen Interferenzen der beiden TMT-Chassis getrennt betrachten möchte, kann dies Recht einfach im Diffraction-Tool von VituixCAD tun:
[ATTACH=CONFIG]49472[/ATTACH] [ATTACH=CONFIG]49473[/ATTACH]
Daher ist bei Pseudo-D'Appolito die Trennfrequenz immer in Abhängigkeit des Abstandes der beiden TMT zu wählen und jeder muss selbst entscheiden wie viel Kammfilter in Ordnung ist
Hoffe ich kann damit dem Forum-User weiter helfen...
Im nächsten Post noch etwas für die "Früher-War-Alles-Besser"-Fraktion, denn früher hat man nicht M-T-M gemacht, sondern M-M-T Anordnungen (nutzt ein aktuelles Projekt von mir)...
Gruß Armin