Auf den ersten "Blick":
Die Bühne verliert etwas in der Breite. Vorher ging die Bühne deutlich über die Lautsprecher hinaus, jetzt eher nicht. Die Schallquellen werden präziser abgebildet. Die Tiefenstaffelung ist besser wahrnehmbar.
Die Tonalität ist erst einmal komisch. Ganz anders. Es klingt nicht mehr so direkt und anspringend, eher sanft und zurückhaltend. Irgendetwas fehlt jetzt im Hochton. Instrumente klingen dadurch etwas müder. Orchester, Klavier, Gitarre... ist zwar alles noch hörbar, aber nicht mehr so spektakulär wie vorher. Sehr seltsam ist, dass die Obertöne von Instrumenten ganz anders wirken. Grund- und Obertön sind für mein Gehör nun weniger separierbar. Was erst einmal eine Umgewöhnung erfordert.
Auf der anderen Seite gewinnt die Stimmwiedergabe. Das war vorher ein Problem. Und macht jetzt deutlich mehr Freude.
Auf die Dauer:
Der Versuch läuft jetzt seit drei Wochen. Während der Zeit habe ich ein paar Mal gewechselt. Der ursprüngliche Eindruck ist geblieben und schlägt sich unterbewußt im bevorzugten Musikmaterial wieder. Gesang wird bevorzugt, Instrumentales ist eher langweilig. Das vorher genau umgekehrt.
Die Geschichte mit den Obertönen erscheint mir mittlerweile richtiger, wird aber eine Anpassung der Abstimmung nach sich ziehen müssen.
Ein weiterer Effekt ist, dass ich durch die Bank weg leiser höre als vorher. Es besteht kein Wunsch nach lauter, und wenn ich es doch probiere wird es eher anstrenged. Das ist zum einen durch die Änderung der Tonalität begründet. Die 3kHz Betonung fällt möglicherweise bei der Filz-Variante mehr ins Gewicht und nervt. Könnte man kompensieren. Auf der anderen Seite spielt die Box jetzt erstaunlich detailreich auch bei normaler Zimmerlautstärke. Statt aufzudrehen, fange ich jetzt eher an die Hintergrundgeräusche zu verringern. Das A-Ha "unplugged" Album habe ich schon ein paar Male laut gehört. Trotz der eher geringen Lautstärke bei der letzten Session sind mir viele Aufnahmedetails aufgefallen, die mir vorher komplett entgangen sind. Vieles an Bühnenkommunikation zwischen den Titel. An einer Stelle wird das nächste Lied angezählt. Das war mir vorher völlig entgangen. Auf einmal ist das nicht nur hörbar, sondern man hört auch, dass es zwei Musiker sind, die da zählen - und auch noch wo sie stehen. Dass das so gut klappt, wandnah, ohne den extra-effort bei der Raumakustik, ist geil. Obwohl die Abstimmung z.Zt. eher soft also ohne Präsenzbetonung daherkommt.
Was ich schon gelesen habe, dass das Gezappel wie in der kein-Filz-Version oft als "fake-detail" wahrgenommen wird. Das könnte ich bestätigen. Es klingt als würde mehr ankommen, aber die Informationen bleiben diffus. Es ist konsistent, damit wenig störend. Man merkt nicht, was man verpasst. Bei der Filz-Variante hat man das Gefühl wenig zu hören, aber trotzdem bestens im Bilde zu sein.
Neben dieser Eigenschaft bleibt der Eindruck, dass Stimmen angenehmer wiedergegeben werden.Ursprünglich hatte ich die Störung des AL130 bei 2,8kHz für die Stimmdefizite verantwortlich gemacht. Der AL130, als Breitbänder missbraucht, hat diese Probleme aber gar nicht. Und mir war auch aufgefallen, dass diese Probleme auch aufstellungssensitiv waren. Insofern plausibel, dass der Filzeinsatz möglicherweise Reflektionen von der Rückwand entschärft, die vorher störend wirkten.
Fazit
Mit geringerer Bühnenbreite und auf der anderen Seite geringerer Abbildungspräzision könnte ich mich anfreunden. Die besser durchhörbare, feinere Spielweise, gepaart mit dem angenehmeren Stimmbereich sind starke Punkte für die Filzvariante. Bei Instrumenten gewinnt die kein-Filz-Version. Da wird der Verzicht hart. Was tun?
Es gibt ja drei in den Messungen sichtbare Phänomene:
- Reduzierung der Welligkeit
- Verringerung des rückwärtigen Pegels
- tonale Änderungen
Für die Vorteile, bei denen (2) verantwortlich ist, könnten auch Diffusoren an der Rückwand helfen. Wo (1) die Ursache ist, würde das vermutlich eher nicht helfen.
Im Augenblick tendiere ich dazu, die Tonalität zu korrigieren. Eventuell unter Zuhilfenahme von 180°-Messungen beider Versionen um zu sehen, was sich da wie verlagert hat. In der Hoffnung, dass die Vorteile bleiben, sich aber der Instrumentenklang noch etwas verbessern lässt.
In Anbetracht der Tatsache, dass der Lautsprecher immer noch recht nah am Harbeth-Vorbild ist, macht es Sinn deren Klangbeschreibungen zu vergleichen. Die Harbeth ist nicht gerade für Stimmprobleme bekannt. Wohl aber für eine weiträumige, tendenziell diffuse Abbildung. Deswegen würde ich erwarten, dass sich die Stimmprobleme mit Diffusoreinsatz oder testweise Absorbern beheben lassen. Wenn das gelänge, wäre das auch eine akzeptable Lösung zuungunsten von Durchhörbarkeit und Präzison. Das ist der zweite Ansatz, der mir gerade einfällt.
Jetzt weiß ich auch, warum ich solange keine Lust hatte, das zu beschreiben. Alles nur wegen dem kleinen Tweak....

hock:
Soweit erst einmal....

:prost:
Matthias