Moin,
Franky schrieb:Solche Unterschiede würden in Foren zu Hifi-Lautsprechern zu erbitterten Kontroversen führen - bei Kopfhörern lässt man das als Geschmackssache durchgehen.
Grundsätzlich sehe ich das ähnlich. Aber du darfst auch zwei Punkte dabei nicht vergessen:
- bei Lautsprechern kommt der Raumeinfluss noch hinzu und verändert die Tonalität. Auch da gibt es dann am Ende eine große Toleranz für Welligkeiten.
- oberhalb von 6kHz dürfen vereinzelte Spitzen und Senken aufgrund des bei jedem Menschen unterschiedlichen Einfluss des Hörkanals und der Ohrmuschel bei Kopfhörern nicht überbewertet werden
Aber bei Kopfhörern ist es am Ende ähnlich wie bei Lautsprechern: Viele teure Sachen sounden stark und sind eigentlich HiFi-untauglich:
[video=youtube;8y5CojhLGiE]https://www.youtube.com/watch?v=8y5CojhLGiE[/video]
Hier hat Oluv fünf vollkommen unterschiedliche Kopfhörer auf den gleichen Frequenzgang entzerrt und sie klingen danach wirklich sehr ähnlich und sind kaum mehr auseinanderzuhalten:
[video=youtube_share;YKrvAfMlAwk]https://youtu.be/YKrvAfMlAwk[/video]
Kurzum: 99% des Sounds ist der Frequenzgang und natürlich lohnt es sich dann auch mit den EQ-Möglichkeiten unserer Zeit (z.B. Wavelet) dadurch eine Verbesserung anzustreben (die Links von Gaga sind fürs Verständnis sehr hilfreich).
Ich beschäftige mich im Moment mit der Entzerrung meines HD58X Jubilee. Interessant ist vor allem, dass so Dinge wie Räumlichkeit sehr stark (und bei Kopfhörern fast ausschließlich) mit der Tonalität zusammenhängen. Unentzerrt klingt er eher kompakt und intim, mit Entzerrung öffnet sich der Raum enorm.
Ich höre im Moment mit einer Mischung aus drei unterschiedliche Kurven, die sich alle auf die Harman-Kurve beziehen, denen aber abweichende "Raw"-Kurven zugrunde liegen. Die drei Kurven (von Oratory, Crinacle und Rtings) habe ich mir alle einzeln angehört und ja nach Aufnahme habe ich mal die eine, mal die andere bevorzugt. Also habe ich sie gemittelt, was für mich schon ein sehr guten Kompromiss darstellt und besser als jede einzelne klingt.
Trotzdem erscheint mir der Superhochton eine Spur zu laut. Dort bevorzuge ich ca. 1dB weniger. Im Tiefbass habe ich auch nicht komplett auf ultralinear entzerrt, da der Sennheiser als offener Kopfhörer dort naturgemäß abfällt und bei einer zu starke Entzerrung etwas "polterig" wird (ich vermute Intermodulation).
Bei guten Aufnahmen passt die Harman-Kurve für meine Empfinden sonst sehr gut. Ich habe eine Hörtest-Playlist von über 200 Songs aus allen Richtungen. Die kannst du mit großen Vergnügen durchhören und ein Ausschalten der Entzerrung verschlechtert eigentlich immer den Klang.
Bei durchschnittlichen Aufnahmen außerhalb der Hörtest-Playlist könnte die Entzerrung manchmal schon mal etwas gnädiger sein (also mehr Fülle/Wärme, weniger Präsenz). Wenn man dahingehend eingreift leidet aber die Offenheit bei guten Aufnahmen.
Gruß, Christoph
P.S. Quelle der Entzerrungskurven:
https://github.com/jaakkopasanen/AutoEq